Samstag, 24. November 2018

24-10

Ferdinand Kronegg
Das Münchener Hofbräuhaus

[Wie es einst war und wie es ist]

C. Brügel & Sohn - Ansbach - 1897 [hier: Reprint 1992]
gebunden - ca. 10 x 15 cm - 88 S., ill.

 INT / DNB




Nicht nur der ansonsten sehr verdienstvolle, 1861 in Wien geborene, 1898 nach München gekommene und 1901 nach Berlin verzogene und dort unbekannten Datums verstorbene Autor und Historiker Ferdinand Kronegg ließ in seinem Werkchen über die Holbräuhausgeschichte, erschienen 1897 anlässlich der HB-Neubaueröffnung am Platzl, eine wesentliche Passage um die herzoglich-bayeri­sche Biersiederei unerwähnt Auch dem Verfasser der 1989 herausgegebenen, 240seitigen, im -Großformat gedruckten Festpublikation zum 400jährigen Hofbräu­hausjubiläum passierte dieser Lapsus. Wenigstens an die­ser Stelle soll sie deshalb in Erinnerung gebracht werden: In München existierte neben dem sogenannten „Brau­nen"- und „Weißen"- eine zeitlang auch noch ein drittes Hofbräuhaus, damals ,.Herzogliche Braustatt im Krotten­tal" genannt, weil es sich am westlichen Eingang zum Krotten- oder Krötental befand, aus dem später das Ro­sental wurde. Seiner Entstehung lag die 1668 erfolgte Verehelichung Herzog Maximilian Philipp Hieronymus, eines Bruders des Kurfürsten Ferdinand Maria von Bayern (1636 - 1679), mit der Tochter des Herzogs von Boullion zugrunde, die dem Landesherrn als „unebenbürtig" nicht zur Nase stand. Er verweigerte deshalb seine Zustim­mung, ohne freilich am Entschluß des Bruders etwas ändern zu können. Allerdings drehte ihm der Kurfürst von diesem Augen­blick an den Geldhahn zu. Mit der Folge, daß der herzog­liche Bruder bis zum Ableben des Landesherrn mit finan­ziellen Kamalitäten zu kämpfen hatte. Gänzlich unbrüder­lich wäre es andererseits gewesen, dem jungen Paar eine standesgemäße eigene Hofbräustatt zu versagen. Folglich ließ sich Ferdinand Maria dazu bewegen, ihm „zur Befrie­digung der nottdurft pier für Dero Hofstaat und auf Gesuch des Herzog freundlich brüderlich begehren lassn, in der Statt ein vorhanden prewhauss" (Dr. Fritz Sedlmayr) durch die kurfürstliche Hofkammer „kauffn zu lassn, wobei die (die prewstatt) nicht nur die nottdurft für ihren Hofstaat soll preuen dürfen, sondern auch in ander­werz ihren nuzen damit mögen (haben)." im Anschluß an diesen brüderlichen Hulderweis besich­tigten Beauftragte des kurfürstlichen Hofes längs der Neuhausergasse und in deren Seitenstraßen an die zwan­zig Brauereien mehrmals hintereinander, ohne fündig zu werden. Entweder erwiesen sich die Braustätten als zu teuer (Pollinger- später Oberpollingerbräu, und gegen­über die den Paulanerpatres gehörende Lerch'sche Brauerei), oder als „nicht dem herzoglichen Stande" des späteren Betreibers angemessen. Nach einjähriger Pause ging die Suche ab 1670 weiter nach „einem tauglich orth, wohin ein bloß prewstatt von Neuem erpauth werden kann sambt kleiner Wohnung für den Herzog", der inzwi­schen die Maxburg als Residenz bezogen hatte „allwo für ein prewstatt kein platz vorhanden". Nach weiteren Jahren emsiger Hofkammerrecherche kam 1672 die „Brauerei nächst dem Hochzoll" ins Spiel deren hinterer Teil an die Maxburg grenzte, um sofort vom Herzog als „wohnlich unzumutbar" abgelehnt zu werden. Man darf darüber rätseln, wozu der in der Maxburg mit seiner jungen Frau bestens untergebrachte hohe Herr ausgerechnet auch noch in seinem Hofbräuhaus einer Wohnung bedurfte. Diesem riß langsam die Geduld. Und auch der Landesvater wurde immer ungehaltener, da der Bruder sein „hofstattpier" fortwährend vom Braunen Hofbräuhaus bezog ohne je einen Gulden dafür zu bezahlen. Immerhin mußten von Maximilian Philipp Hieronymus an die hundert Bedienstete täglich mit Bier versorgt werden! Trotzdem vergingen zwei weitere Jahre, ehe man im besagte Krottental endgültig einen passenden Braustadel entdeckte. Und zwar in einem neben dem Püttrichturm (später Ruffiniturm) gelegenen kurfürstlichen Traidschuppen (Traid - zur Jagd genutzte Planen). Nun lag aber auf diesem Anwesen keine Brauereigerechtsame, und ohne diese blieb in München auch einem Herzog das Bierbrauen untersagt. Folglich erwarb die Hofkammer 1674 für 250 fl. die ruhende Gerechtsame einer Wittib Göz. Dann war es endlich so weit: Die Umbauarbeiten wurde rasch ausgeführt, und Herzog Max durfte brauen. Entgegen eines strengen Verbots sott er vom Start weg ein besonders starkes, süffiges Bier, und dies auch noch (gegen ein weiteres Gebot verstoßend) über Georgi (23 April) hinaus, und verkaufte es (eine zusätzliche Verbot widrigkeit) „über die Gassn". Bittschriften der bürgerlichen Brauer, dieses Treiben zu unterlassen, blieben ebenso erfolglos wie des Kurfürsten eigenes ganz bestimmtes Signat „Ex Commissione Serenissmi Domini Ducis Electoralis spezialij", sich an bestehende Vorschriften zu halten. Der herzogliche Bräu dachte gar nicht daran, sich zu fügen. Als seine finanzielle Misere trotz solch rigoroser Geschäftepraktiken immer größer wurde, bat er den Bruder in einem herzzerreißenden Brief, ihm „alle Schulden wegen meiner bekhanten schlichten Mittel" zu erlassen. „Habe per anno doch nur wenige 40000 Gulden!" Fünf Jahre lang wurde im Krottental herzoglich bayerisches Hofbräubier gebraut und bestens verkauft. Das „Aus" kam von einem Tag auf den anderen. Nach Kurfürst Ferdinand Marias Tod 1679 hatte dessen Neffe Max Emanuel die Regentschaft übernommen und mit der Hofbräustatt seines zweiten Onkels andere Pläne. Ohne den armen Verwandten zu verständigen, machte er das Krottentalanwesen zum Wohnsitz seines „Hofbräuhaus Gegenschreibers", zahlte den Herzog aber generös mit 7000 Gulden aus. Auf diese Weise kam Bayerns Landeshauptstadt traurigerweise um ihr drittes Hofbräuhaus.

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